To cop out of COP – Teil 1

(to cop out = ugs. einen Rückzieher machen, aussteigen [aus e. Projekt])

Nun sind ein paar Tage seit der letzten Weltklimakonferenz, abgekürzt COP, wieder vergangen und neues Unheil braut sich am Himmel über Nahost zusammen. Dennoch möchte ich zum neuen Jahrzehnt ein paar Zeilen über die letzte COP schreiben und damit auch zum Stand des Themas insgesamt. Ab heute schreibe ich nicht mehr Klimawandel, sondern Erderwärmung, Erderhitzung oder Klimakrise. Nicht weil ich Übertreibungen mag, sondern weil der Klimawandel schon vollzogen ist. Das Klima hat sich schon gewandelt. Außerdem möchte ich nicht zu denen gehören, denen man später nachsagt, sie hätten die Brisanz der Lage nicht klar dargestellt.

Die COP 2019 in Madrid

Sie war eine Riesenenttäuschung für alle, denen die Dramatik der Lage bewusst ist. Punkt. Damit könnte ich es belassen.

Wer möchte kann noch ein bisschen mehr lesen. Ich gehe im Folgenden kurz darauf ein, warum sie eine Enttäuschung war, was die Verhandlungsknackpunkte waren und was der heute journal-Sprecher Anfang Januar falsch beschrieben hat.

Warum eine Riesenenttäuschung?

Die COP ist die Konferenz, bei der sich alle Länder dieser Welt mit ihren Delegationen treffen, um über Maßnahmen zum Klimaschutz zu beraten und neue Beschlüsse zu treffen. COP steht dabei für conference of the parties, das heißt Konferenz der Parteien, in dem Fall der Länder, die entschieden haben gegen den Klimawandel etwas zu tun. Gemäß den Statuten treffen sich die Delegationen einmal im Jahr in wechselnden Orten. Wenn sich auf der jährlichen COP keine Verhandlungserfolge einstellen, dann müssen andere Wege gefunden werden. Etwa die Wege von bi- und multilateralen Gesprächen zwischen den Nationen. Aber es gibt dann kein einheitliches weltweites Vorgehen und das ist eine Katastrophe angesichts der Klimakrise.

Die COP25 war eine Riesenenttäuschung, weil nichts erreicht worden ist. Manche sagen, das Gute war, dass das Paris Abkommen nicht verwässert wurde. Okay, wenn man schon als Fortschritt bezeichnet, wenn das Schlimmstes verhindert werden konnte. Das wirft allein schon ein Schlaglicht auf die Klimadiplomatie.

Was waren die Knackpunkte?

Die Knackpunkte sind bei jeder COP andere. Das ist klar, denn die Verhandlungen bewegen sich weiter. Jedes Jahr verhandeln die Länder daher über andere Entscheidungen, Regeln oder Handlungsoptionen. Zur Debatte standen dieses Mal unter anderem Regeln über den internationalen Kohlenstoffmarkt, über Entschädigungen für Länder im Süden und über die Verschärfung der nationalen Klimaziele.

Der internationale Kohlenstoffmarkt (Stichwort: Emissionshandel)

Bei dieser Frage prallen Weltanschauungen vor allem über die Wirtschaftsordnungen aufeinander. Es geht meist um die Frage, ob man alles dem freien Markt überlassen will (Neoliberale im Sinne der Chicago School of Economics) oder mit Regeln den Markt regulieren will. Der Kohlenstoffmarkt, ist ein Markt auf dem international handelbare Kohlenstoffrechte, gehandelt, also gekauft und verkauft werden. Kohlenstoffrechte, auch Emissionszertifikate genannt, sind Lizenzen, um Kohlenstoffdioxid auszustoßen.

Die Neoliberalen etwa vertreten in den Regierungen der USA, Kanadas oder Australiens sagen, wir wollen das Recht, CO2 auszustoßen, so handeln können, als wäre es ein Gut wie jedes andere. Das hieße, es frei nach Angebot und Nachfrage zu kaufen und zu verkaufen. Die Umweltverbände sagen, dieser Handel muss mit starken Regeln kontrolliert werden, sonst nützt er dem Klimaschutz nichts. Dabei geht es vor allem darum, dass schon viel zu viele Zertifikate auf dem Markt handelbar sind und daher den Preis verwässern. Knappheit verteuert ein Gut, Überfluss verbilligt es. Ein zu geringer Preis bringt nichts für den Klimaschutz. Erwartungsgemäß gab es hier keine Fortschritte.

Entschädigungen für Länder im Süden (Stichwort: Verlust und Schaden)

Die Länder im Süden etwa in Südamerika, Südafrika oder die kleinen Inselstaaten im Pazifik haben weder heute noch hatten sie in der Vergangenheit einen hohen CO2-Ausstoß. Aber sie leiden heute schon viel stärker unter den Folgen der Erderwämrung. Sie verlieren Landmasse wegen des steigenden Meeresspiegels oder sie leiden stärker unter veränderten Wettermustern, die Dürren, Hitzeperioden oder Starkregen hervorbringen. Zu Recht verlangen sie Geld von den Ländern im Norden, um ihre Schäden durch die eingetretene Klimaänderung zu beheben. Aber das lehnen die reichen Länder ab.

Aber Länder im Norden der Erdhalbkugel stoßen viel Kohlendioxid, CO2, aus. Sie sind schon früh industrialisiert worden und/oder haben hohe Wachstumsraten ihrer Wirtschaft und/oder einen durchschnittlich hohen Lebensstandard. Jede dieser Faktoren begünstigt einen hohen Energieverbrauch und damit einen hohen CO2-Ausstoß. Hohe Bevölkerungszahlen allein sind noch nicht so entscheidend. Es sei denn sie fallen zusammen mit den zuvor genannten Kriterien wie etwa in China. Deswegen hat China heute den höchsten CO2-Ausstoß in der Welt gefolgt von den USA.

Verschärfung der nationalen Klimaziele (Stichwort: Ambitionssteigerung)

Im Pariser Abkommen ist festgeschrieben, dass die Länder ihre Klimaziele nachbessern müssen. Nachbessern heißt allgemein, dass die nationalen Ziele zur Reduktion des CO2-Ausstoßes verschärft werden. Beispiel: Deutschland ist als EU-Staat eingebunden in das europäische Ziel, das von der EU-Kommission an das UN-Sekretariat gemeldet wird. Die Klimaziele der Nationen im Pariser Abkommen sind in der Regel auf das Jahr 2030 bezogen. Das 2030-Klimaziel der EU liegt bei einer Reduktion von 40% der Treibhausgase gegenüber 1990. Alle anderen Länder, die das Paris Abkommen ratifiziert, also anerkannt und in die nationalen Gesetze überführt haben, müssen ihre Ziele verschärfen.

Hierbei hängt es davon ab, dass einige vorpreschen und sagen wir machen das. Dann ziehen andere nach. Aber diese Vorreiter waren nicht in Sicht. Spätestens bis zur nächsten COP 2020 in Glasgow müssen die neuen Reduktionsziele aber verkündet werden. Es fehlt jetzt noch eine Einschätzung darüber, warum es keine Fortschritte bei diesen Knackpunkten gab. Das liefere ich in einem weiteren Text nach.

Eine irreführende Meldung im heute journal

In der heute journal Sendung vom 6.1.2020 las der Sprecher Heinz Wolf folgende Meldung vor: „Die CO2-Emissionen in Deutschland sind 2019 deutlich zurückgegangen. … Das Ziel der Bundesregierung war 40 % weniger CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990. 2019 wurde das mit 35% knapp verfehlt.“ Es geht hier um die Bewertung „knapp verfehlt“. Dies deutet an, dass das Ziel fast erreicht worden wäre und damit Deutschland im Großen und Ganzen noch auf Kurs ist. Dann ist doch mit dem Klimaschutz in Deutschland alles in Ordnung! Das ist eine völlige Verdrehung der Tatsachen. Ausgelöst durch ein falsch gesetztes „knapp verfehlt“!

Deutschland hat im Jahre 2007 sein Klimaziel für 2020 formuliert. Das Ziel ist 13 Jahre alt! Es lautet: 40% Reduktion der Treibhausgase im Vergleich zu 1990. Im Jahre 2012 lag Deutschland bereits bei 22% Reduktion. Wären von da an pro Jahr kontinuierlich zwei bis drei Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen worden, wären wir in 2020 bei 40 Prozent gelandet. Aber weit gefehlt: in den Jahren von 2014 bis 2017 stiegen die Emissionen oder sanken nur minimal. Erst 2018 sanken sie wieder und ja auch im Jahr 2019 um gerade mal 2 Prozent. Mit Verlaub – das ist nichts! Das ist eine Blamage. Diese Zahlen jetzt als „knapp verfehlt“ zu bezeichnen, ist völlig daneben. Um von jetzt 35% auf noch 40% zu kommen, bedarf es Riesenanstrengungen etwa den weiteren Ausbau der Erneuerbaren.