Europa – weiterhin heiß und trocken?

Auswirkungen des Klimawandels auf Europa

Mein Vortrag in der Volkshochschule Regensburg am 7. Juni 2022

In dem schönen Veranstaltungsort, dem Leeren Beutel, mitten in der Regensburger Altstadt unweit der Donau, fand der Vortrag mit anschließender reger Diskussion statt.

Vor dem Vortrag, Leerer Beutel, Veranstaltungsort Regensburg, 7.6.2022. Foto: EMJ

Meine take-home message gleich vorweg:

Jedes Zehntel-Grad Erwärmung zählt – anders gesagt: Jedes Zehntel-Grad mehr oder weniger macht einen Unterschied.

Ob wir nun das 1,5°C-Ziel noch halten können oder die magische Marke von Paris, dem Pariser Klimaschutz Übereinkommen, reißen und uns dann anstrengen müssen, die Temperaturen wieder herunterzubringen, oder ob wir dauerhaft über 1,5°C bleiben werden… So oder so: Auf dem Weg zur Begrenzung der Erderwärmung kommt es auf jedes Zehntel-Grad an. Jedes Zehntel-Grad mehr oder weniger macht einen Unterschied.

Es lohnt sich also zu jeder Zeit, die Emissionen zu begrenzen. Jede Verminderung der Treibhausgasausstöße bringt einen Beitrag zum Klimaschutz.

Mein Vortrag gehörte zu einer Reihe von drei Fachverträgen, die die Auswirkungen des Klimawandels aus unterschiedlicher Perspektive untersuchten. Programm vhs Regensburg im Juni 2022

Die Meteorologen Karsten Schwanke und Andreas Walter zeigten jeweils die Folgen für die Welt und für Deutschland und ich die für Europa auf.

Europas neues Klima

Europa – der bevorzugte Kontinent. Warum? Wegen seiner günstigen klimatischen Bedingungen. Aber wie lange noch? Abb.: Europäische Energieagentur, EEA.

Die Auswirkungen für Europa sind erst einmal die gleichen wie für die Welt. Es wird auch in Europa heißer, trockener und mancherorts zu bestimmten Jahreszeiten auch feuchter. Die Niederschläge kommen aber meist nicht wie bisher gleichmäßig über das Jahr verteilt und je nach dem mal schwächer oder stärker. Nein, die Niederschläge der Zukunft sind tendenziell unvorhersehbarer, ungleichmäßiger und pro Ereignis deutlich heftiger als bisher. Heftige kurze Starkregenfälle auf ausgetrockneten Böden können dann mehr Schaden anrichten als helfen. Das Wasser sickert dann nicht mehr allmählich in den Boden und sammelt sich als Grundwasser, sondern es fließt häufig schnell in die Kanalisation ab oder reißt möglicherweise sogar noch fruchtbare Erde mit sich. Oder die Regenfluten lassen Flüsse in kürzester Zeit zu reißenden Wasserfällen werden, die alles, was sich ihnen in den Weg stellt, wegspülen. So geschah es bei der Flutkatastrophe im Südwesten Deutschlands 2021.

22.07.2021, Rheinland-Pfalz, Insul: Aufräumungsarbeiten werden in der Gemeinde Insul im Ahrtal fortgesetzt. Das Hochwasser der Ahr hat in dem Ort große Schäden hinterlassen. Foto: Thomas Frey/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Es regnet wie aus Kübeln

Kurzer Überblick: In manchen Teilen West-Zentral- und Osteuropas und vor allem in Nordeuropa wird es zu bestimmtem Jahreszeiten mehr Regen geben. Aber wie gesagt, es regnet dann häufig wie aus Kübeln und das erhöht das Risiko von Überschwemmungen. Für Südeuropa und den Mittelmeerraum wird hingegen die Trockenheit zu einem immer größeren Problem. Mit weiter steigenden Emissionen und Temperaturen werden Trockenheit und Hitze auch Mittel- und Osteuropa schwer belasten. Eines von weiteren Risiken für Europa ist der weiter voranschreitende Meeresspiegelanstieg. Besonders stark wird der Mittelmeerraum betroffen sein, so dass Küstenstreifen womöglicherweise auf Dauer nicht mehr bewohnbar sind.

Bereits heute mit einer globalen Erwärmung von im Durchschnitt 1,1° sind die Auswirkungen deutlich aber in der Welt unterschiedlich ausgeprägt, was die dreiteilige Reihe der Volkshochschule Regensburg sehr gut widergibt. Tendenziell ist Europa und damit auch Deutschland von den steigenden Temperaturen stärker betroffen. Denn je nördlicher eine Region auf der Erdkugel liegt, desto schneller erwärmt sie sich im weltweiten Vergleich. Das zeigt die Abbildung aus dem aktuellen Bericht des Weltklimarats sehr gut.

Europa erwärmt sich schneller

Die weltweiten Temperaturveränderungen bei einer allgmeinen Erwärmung von durchschnittlich einem Grad.
Abb. (Ausschnitt): Weltklimarat

Abbildung aus dem aktuellen Bericht des Weltklimarats, IPCC, erster Berichtsteil vom August 2021: AR 6, WG I, SPM, Fig. 5 (Ausschnitt).

Je intensiver die Rotfärbung auf der Abbildung desto größer die Temperaturerhöhung. Bei heutigen 1,1° oder wie auf dem Bild gezeigt 1° weltweiter Erwärmung ist es in Teilen Europas wie etwa in Deutschland schon 1,6° wärmer als noch vor 100 Jahren.

Die Temperaturen lassen die Eisflächen weltweit schmelzen. Manche schmelzen für immer und bilden sich nicht wieder neu. Davon sind auch die Gletscher der Alpen betroffen. Bis 2100, so zeigen es Computerberechnungen, werden die europäischen Gletscher zwischen 60 – 90 Prozent ihrer Eismasse vom Stand des Jahres 2015 verlieren. Nur eine Reduktion der Treibhausgase und damit eine Begrenzung der Erwärmung würde diese Entwicklung stoppen.

Jedes Zehntel-Grad zählt

Das bedeutet genau das, was ich als zentrale Botschaft formuliere: Jedes Zehntel-Grad Erwärmung macht einen Unterschied.

Während des Vortrages kam ich immer wieder auf die zentrale Botschaft zurück. Ich habe sie auch als Bild-Botschaft gezeigt. Foto: EMJ

Es gibt sehr viel, was wir in Europa tun können. Die Maßnahmen sind unzählige, hier nur ein paar wenige genannt: Effektive Klimaschutzpolitik, die Anreize setzt, Emissionen zu vermeiden. Eine Wirtschaft, die mutig ist und auf moderne klimafreundliche Technologien setzt. Eine Banken- und Investorengemeinschaft, die Geld dorthin fließen lässt, wo Investitionen für klimaschonende Projekte schon möglich sind – also jetzt schon (fast) überall. Eine Gesellschaft, die sich neu erfindet und liebgewonnene Gewohnheiten aufgeben kann und alternative Lebensweisen als Chance sieht.

Als Biologin ist es mir wichtig, die besondere Rolle der Natur für den Klimaschutz hervorzuheben. Die so genannten Ökosystemdienstleistungen, die ich auch in meinem zweiten Buch extra betone, sind für uns Menschen im Kampf gegen den Klimawandel eine sehr wirksame Verteidigungswaffe. Somit ist die Natur unsere Verbündete, um die Erwärmung abzuschwächen und schließlich zu begrenzen. Deswegen müssen wir Natur schützen, sie für uns im Sinne der Aufnahme von Kohlendioxid arbeiten lassen, sie zum Schutz vor Austrocknung und vor Überschwemmungen und für die Sicherung unsere Nahrungsmittelproduktion klug einsetzen oder sie einfach nur erhalten.

Die Natur ist unsere Verbündete

Natur in die Stadt holen. Wie hier in Düsseldorf mit Hainbuchhecken an einer Gebäudefassade, dem Kö-Bogen II. Foto: Anja Paumen
Natur außerhalb der Stadt schützen und Reservate schaffen. Blick vom Königsstuhl im Westen des Naturparks Neckartal-Odenwald auf Heidelberg. Foto: Anja Paumen

Natur schützen, in der Stadt, außerhalb der Stadt und vor allem da, wo sie noch in einem mehr oder weniger natürlichem Zustand ist. Gesunde Natur, die sich selbst erneuern, reparieren und säubern kann, ist das Pfund in unseren Händen.

Zum Ende noch ein entscheidendes Zitat aus dem 2. Berichtsteil vom Februar 2022 des Weltklimarats: IPCC, AR 6, WG II, Folgen, Anpassung, SPM, Feb. 2022.

Die angehäufte wissenschaftliche Basis zeigt eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlergehen und die planetare Gesundheit. Jedes weitere Aufschieben von engagierten, vorausschauenden und weltweit abgestimmten Maßnahmen, um sich anzupassen und gleichzeitig die Emissionen zu senken, wird das Fenster der Gelegenheit schließen, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. 

Wie gesagt…. Genau Sie wissen es schon: Denn jedes Zehntel-Grad Erwärmung zählt.

Regensburg – vielen Dank für diesen schönen Abend und den intensiven Austausch!

Regensburg, Haidplatz mit dem Wehrturm Karl des Großen. Foto: Anja Paumen

Ich habe mich sehr gefreut in dem Veranstaltungsgrogramm zum Thema Klimawandel mit den Experten Karsten Schwanke, Wettermoderator bei der ARD und Andreas Walter, Wetterkundler vom Deutschen Wetterdienst, die neuen, wissenschaftlichen Erkenntnisse zu präsentieren.

Mein Dank gilt der Stadt Regensburg, Amt für Weiterbildung, Volkshochschule und dem Förderverein der Volkshochschule für die Idee, die Vorbereitung und Umsetzung des Programms.